Fritzi erobert unsere Herzen

von Brigitte-Devaia

Fritzi war noch ein Katzenkind, als er zu uns kam. Zuerst war das junge Katerchen noch klein und zierlich, doch schon bald war er ein bereits sehr kräftiger, junger Kater, wie man auf den Fotos sehen kann. Kein Wunder bei der Menge Futter, die er vertilgt hat.

Fritzi ist der Hauskater unserer netten Nachbarn. Er verbringt viel Zeit bei uns, weil er die Nähe der anderen Katzen sucht. Unsere Katzen haben ihn aufgenommen - er gehört zur Katzenfamilie. Unsere Nachbarn haben Fritzi als Baby von einem Bauernhof mitgenommen, weil seine Mutter gestorben war, seine Geschwister bereits woanders ein Zuhause gefunden hatten und er alleine war.

Als ich Fritzi als kleines Baby sah, war ich entzückt und ich hätte ihn gerne öfter gesehen. Das Vergnügen kam später auf mich zu, als er ein paar Monate alt war. Immer wieder kam er zu uns und quietschte kläglich so lange vor den Türen bis diese sich öffneten und er herein durfte. Und kaum waren wir irgendwo im Garten, kam Fritzi auch schon dahergesaust. Vor lauter Wiedersehensfreude biss er mir auch schon mal in die Beine – nur ganz zart natürlich.

Ich habe sofort gespürt, wie sehr der kleine Kater unter dem Verlust seiner Mutter gelitten hat und ihm seine Geschwister fehlten. Obwohl er bei guten Menschen unterkam, ist er dort doch oft alleine, weil sie tagsüber bei der Arbeit sind. Der Kleine war viel unterwegs. Überall konnte ich ihn sehen, mal im Dorf, mal auf der Wiese, mal zwischen den Häusern. Er war noch klein, schreckhaft und schutzbedürftig und hatte ständig einen buschigen Schwanz, mit dem er demonstrieren wollte, wie groß und stark er ist. Das war wohl auch der Grund, warum er uns sehr nervös vorkam. Fritzi konnte sich nicht an eine Mutter anlehnen und langsam erwachsen werden, er konnte auch nicht mit seinen Geschwistern die Welt entdecken. Wenn er zu mir kam, schenkte ich ihm deswegen bewusst mütterliche Ruhe.

Fritzi rührte mein inneres Kind an. Das Mitgefühl mit ihm war auch das Mitgefühl für das Kind, das ich einmal gewesen war, das auch oft alleine war, als meine Eltern das Generationshaus verlassen haben und in eine kleine Wohnung weit weg von den geliebten Großeltern, Cousinen und Cousins zogen. Ich habe mich sehr oft alleine gefühlt, so wie Fritzi. Und jedes Mal, wenn ich diesem Tier meine Liebe gegeben habe, floss davon auch etwas meinem inneren Kind zu.

Schon bald fand der Kleine heraus, wie er durch unsere Katzenklappe jederzeit zu uns hereinkommen konnte. Und das bedeutete für uns das Ende aller Ruhe. Wenn er bei uns war, dann war er wie ein Wirbelwind, der in unserem Haus auf Entdeckungsreise ging und dabei alles in sich hineinfutterte, was er nur finden konnte. Und weil er so oft bei uns war, boten uns die Nachbarn an, ihn zu adoptieren. Wir mochten ihn zwar sehr gerne, hatten jedoch bedenken, ihn ganz aufzunehmen. Fritzi brauchte mit seiner stürmischen und energiegeladenen Art viel Unruhe herein. Für unsere traumatisierte Susili, die noch nicht lange bei uns war und die sich noch von ihrem Schock und ihrer körperlichen Schwäche erholte, wäre seine dauerhafte Anwesenheit doch recht belastend gewesen. Das Problem löste sich glücklicherweise von selbst. Fritzi wurde einfach Pendler. Mal war er bei uns und mal zuhause. Dies war zumindest für eine Weile so. Später ist er dann ganz bei uns geblieben.

Fritzi hatte sich den gemächlichen Ibbi, unseren alten, kranken Kater zu seiner Ersatzmutter und zu seinem Freund auserkoren und lief ihm ständig hinterher, wollte mit ihm spielen und kuscheln. Dem Alten war das jedoch meistens einfach lästig. Und so handelte sich Fritzi auch mal ein paar Hiebe und Ablehnung ein. Seine Annäherungsversuche scheiterten kläglich. Und dann verzog sich Fritzi traurig in eine Sofaecke.
 
Und wieder spürte ich, wie Fritzi etwas Altes in mir berührte. Auch ich verstand mich als Vierjährige mit den fremden Kindern in der Nachbarschaft nicht. Sie waren laut und taten sich weh und ich hatte Angst vor ihnen. Hätte ich einen Katzenschwanz gehabt, wäre dieser durch meine Anspannung auch ständig aufgebauscht gewesen. Und so zog ich mich oft traurig und ängstlich zurück. Ich verkrümelte mich meistens in meinem Zimmer und malte. Fritzi muss gespürt haben, dass uns da etwas verbindet. Er schaute mich immer mit riesigen Augen an, wenn ich zu ihm kam und ihn mitfühlend streichelte. Mir tat es unendlich gut, ihn zu trösten und zu lieben und wie schon gesagt, war Fritzi in gewisser Weise das Spiegelbild meines inneren Kindes. Auch ich hätte damals gerne meine Oma bei mir gehabt, bei der ich mich geborgen gefühlt hätte.

Fritzi ist inzwischen rundum glücklich und viel ausgeglichener als früher. Seit wir ihm die inneren Bilder geschickt haben, dass er bei uns jederzeit willkommen ist, drängt er sich auch nicht mehr auf, sondern wartet, bis er dran ist. Fritzi geht es jetzt auch deswegen so gut, weil er genau das erhalten hat, was er so dringend gebraucht hat - einen Freund. Seinen guten Zustand hat er unserem Fieni zu verdanken, der bald darauf zu uns gekommen ist.

 

Ich werde nie vergessen, wie wunderschön es war, zuzusehen, wie die beiden sich auf Anhieb lieb hatten. Es war wirklich Liebe. Fieni verbrachte Stunden damit, den Kleinen abzuschlecken, mit ihm herum zu balgen, mit ihm zu spielen und mit ihm zusammen die Welt draußen zu erkunden. Fieni lebte sich deswegen sehr schnell bei uns ein und Fritzi war natürlich rundum glücklich. Nun rannte er dem vierjährigen Fieni hinterher, der auf seine Annäherungen stets einging.

Die beiden wurden innerhalb weniger Wochen ganz dicke Freunde und ich habe begeistert zig Fotos von ihren Schmusestunden und ihren Spielen gemacht. Fritzi ist viel ruhiger geworden und fügt sich in die Gemeinschaft gut ein. Er ist nur dann unruhig, wenn Fieni unterwegs und nicht bei ihm ist. Wenn sein über alles geliebter Fieni von seinen Ausflügen noch nicht zurück nach Hause gekommen ist, dann wartet Fritzi so lange an der Türe bis er kommt – so herzig! Inzwischen holt er auch meinen Sohn vom Auto ab, wenn dieser abends von der Arbeit kommt und wenn wir spazieren gehen, wartet er auf der Mauer bis wir wiederkommen. Machmal begleitet er uns auch ein Stück und miaut unaufhörlich, wenn wir ihm zu weit weg gehen.

Fritzi ist nun Jahre später der größte und stärkste Kater in unserer Familie und als wüsste er dies, passt er gut auf seine große Familie auf. Wie es auch bei Menschen ist: Wer seine Lieben verloren hat, weiß die neue Familie mehr zu schätzen und passt gut auf sie auf...

Fritzi bekommt ein Küsschen

Fritzi und sein geliebter Fieni